Hallo zusammen,
heute werde Ich euch über die richtige Justage von Tonabnehmern informieren. Ich habe in letzter Zeit oft feststellen müssen das selbst "alte Analog-Hasen" die Basics nicht verstanden haben.
Grundsätzlich sollte gesagt werden das ein perfekt justierter Einsteiger Tonabnehmer jeden halbherzig justierten Spitzentonabnehmer überlegen ist. Die beschriebenen Einstellmöglichkeiten können nicht an allen Tonarmen durchgeführt werden. VTA und Azimuteinstellung lassen nur Tonarme der gehobenen Preisklasse zu. Beim VTA kann man sich mit Unterlegscheiben unter der Tonarmbasis behelfen. Beim Azimut muß man sich dann auf den Tonabnehmerhersteller verlassen.
Ein paar Worte zur Einleitung möchte Ich noch loswerden. Das Erlernen der korrekten Justage eines Tonabnehmers sollte man nicht unbedingt mit einem Koetsu Urushi oder ähnlich teuren Tonabnehmern probieren. An Tonabnehmer dieser Preisklasse sollten sich nur erfahrene Justierer heranwagen.Man kann in Ebay bereits TA- Systeme für 20 Euro ersteigern, diese sind geeignet das Handwerk zu erlernen. Den Verstärker lasse Ich bei der Justage immer angeschaltet, damit Ich höre was Ich tue.
Benötigt werden:
- Ein nichtmagnetischer Spiegel ohne Rahmen in der Größe von ca 5x5cm
- Eine Tonabnehmerjustageschablone
- Eine Tonarmwaage
- Eine Lupe
- Eine Pinzette mit flachen Greifflächen
- Einen Uhrmacherschraubendreher
- Einen Aluminiumklotz mit Hilfslinien oder Geodreieck
- Eine Testschallplatte. Ich empfehle die von Clearaudio oder von Hifi News and Records
Erster Schritt: Tonabnehmermontage:
Der Tonabnehmer wird mit den mitgelieferten Befestigungsschrauben an die Headshell des Tonarm geschraubt. Dabei ist darauf zu achten das die Vorderkante des Tonabnehmers parallel zur Headshellvorderkante verläuft. Die Schrauben sollen nicht festgeknallt sondern nur "handwarm" angezogen werden. Wenn es geht sollte man den Nadelschutz auf dem Tonabnehmer belassen, dies ist aber nicht bei allen TA Systemen möglich.
Nach Abschluss der Prozedur muss noch die Tonarmverkabelung an die rüchseitigen Pins des Tonabnehmer mit der Pinzette angeschlossen werden. aufpassen die dünnen Kabel brechen leicht ab. Falls keine Farbmarkierungen am TA vorhanden sind (Denon DL-103) muss folgendermaßen angeschlossen werden:
Rot: Rechter Kanal +
Grün: Rechter Kanal -
Weiss: Linker Kanal +
Blau: Linker Kanal -
Zweiter Schritt: Skatingkompensation auf Position "0"
Für alle folgenden Justagen muss die Skatingkompensation auf "0" gestellt werden, oder bei Tonarmen die mit Faden und Gewicht arbeiten, der Faden am Tonarm ausgehängt werden.
Dritter Schritt: Grundeinstellung der Auflagekraft:
Zu
diesem Zweck wird eine Tonabnehmerwaage zur Einstellung verwendet. Praktisch sind elektronische Digitalwaagen die auf dem Markt angeboten werden. Sie lösen meist mit einer Genauigkeit von 0,01 Gramm auf. Zuerst wird der Nadelschutz entfernt und das Gegengewicht des Tonarms soweit zurückgedreht bis er perfekt ausbalanciert ist. Bei Tonarmen mit dynamischer Einstellung ist vor dem Ausbalancieren die Skale der Auflagegewichtseinstellung auf "0" zu stellen. Nach dem Ausbalancieren wird die Auflagekraft am Drehknopf des Tonarms auf 90% der Nennauflagekraft eingestellt.
Bei Tonarmen bei denen die Verstellung nur durch Verdrehen des Gegengewichts vorgenommen wird ist das Gewicht so zu verdrehen das es näher an den Drehpunkt des Tonarmlager verschoben wird. Es soll gerade soviel Gewicht gegeben werden das der Tonarm bei Absenken mit dem Lift keine Schaukelbewegungen mehr macht. Dann wird die Tonabnehmerwaage eingeschalten und der Tonarm mit dem Lift genau auf den Punkt in der Mitte des Meßsensors abgesetzt. Auch hier soll auf ca. 90% der Nennauflagekraft eingestellt werden. Ist die gemessene Auflagekraft zu niedrig wird das Gegengewicht in feinen Schritten Richtung Tonarmlagerpunkt verdreht oder verschoben. Dies so lange wiederholen und gegenchecken bis das Auflagegewicht erreicht ist.
Vierter Schritt: Einstellung der Tonarmhöhe, VTA (Vertical Tracking Angle)
Für die Grundeinstellung des VTA wird eine Schallplatte auf den Teller gelegt. Der Tonarm wird auf die Platte abgesenkt und ein Geodreieck oder noch besser ein Aluminium oder Kunststoffklotz hinter dem Tonarmrohr platziert. (Siehe Zeichnung). Die Höhe des Tonarms dabei so einstellen das absolute Parallelität zwischen Tonarmrohr und Schallplatte herrscht.
Fünfter Schritt: Grundeinstellung des Nadelazimut
Zur Einstellung des Nadelazimut wird ein Spiegel auf den Plattenteller gelegt. Bitte Vorsicht mit magnetischen Exemplaren. Ich war stolzer Besitzer einer Schön- Justageschablone mit aufgeklebten Spiegel. Nach absetzen des Tonabnehmers auf selbigen musste Ich feststellen das es sich um ein magnetisches Exemplar handelt. Der Tonabnehmer wurde angezogen und der Nadelträger verbogen. Also bitte Vorsicht walten lassen und mittel Magnet testen ob der Spiegel magnetisch ist. Der Tonabnehmer wird auf dem Spiegel abgesetzt. Nun betrachtet man von vorne die Relation zwischen den vertikalen Tonabnehmerkanten und dem Spiegelbild des Tonabnehmers. Dies geht naturgemäß sehr gut mit Tonabnehmern die über ein rechteckiges Gehäuse oder einer Hilfslinie auf der Vorderseite verfügen. Bei Tonabnehmern die "nackt" als ohne Gehäuse sind oder abgerundete Gehäuse haben orientiert man sich besser am Nadelträger. Mit einer Lupe wird kontrolliert ob der Nadelträger und sein Spiegelbild fluchten. Nach Einstellung des Nadelazimut sollte man die Einstellung des VTA noch einmal kontrollieren und anpassen da man bei der Azimuteinstellung auch den VTA verändert.
Sechster Schritt: Justieren des Überhangs und Kröpfungswinkel des äußeren Nulldurchgangs
Für die Einstellung des äußeren Nulldurchgangs wird die Justageschablone auf den Plattenteller gelegt. Handelsübliche Justageschablonen sind von ihrer Dicke meist ähnlich einer Schallplatte gestaltet. Hier muss man keinen Höhenausgleich vornehmen. Bei Schablonen aus Papier sollte eine Schallplatte unter die Schablone gelegt werden. Dazu wird eine Tonabnehmerschraube leicht gelockert damit sich der Tonabnehmer in der Headshell bewegen lässt. Er sollte aber nicht locker sein damit man beim Verdrehen noch einen Druckpunkt fühlt. Hat die Vorderkante des Tonabnehmer ein breite gerade Kante kann man sich an dieser Kante orientieren.Bei schmalen Vorderkanten kann man eine Bleistiftmine mit Tesafilm aufkleben. Bitte kontrollieren ob die Mine auch wirklich gerade ist, sonst sind Fehljustagen vorprogrammiert.Bei abgerundeten Tonabnehmern kann man sich auch an den seitlichen Kanten orientieren.Sind auch diese nicht parallel hat man ein Problem. Dann hilft nach meiner Ansicht nur noch die Anschaffung eines Tonarms mit Justage auf den Nadelträger wie bei Graham Tonarmen oder die Anschaffung einer Wally Justageschablone. Die Wally Schablone ist ein Spiegel mit eingeritzten Hilfslinien. Hier kann man die Justage am Spiegelbild des Nadelträgers vornehmen. Will man höchstwertige Systeme einsetzten, muss dieser Aufwand getrieben werden.Nur mit einer absolut perfekten Justage kann man das Potenzial ausschöpfen.Dies sollte man bei der Anschaffung des Tonabnehmers bedenken.Was nützt es wenn die Hersteller von Tonabnehmern stehende Wellen im TA vermeiden, aber die Teile nicht mehr justiert werden können. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Der Tonabnehmer wird auf dem Bezugspunkt des äußeren Nulldurchgangs abgesetzt. (siehe Zeichnung) Die Nadelspitze muss dabei exakt auf dem Punkt aufsitzen. Dies ist von vorne und seitlich
mit der Lupe zu kontrollieren.Im Anschluss wird die Flucht zwischen Tonabnehmerkanten und Hilfslinien kontrolliert. Nach Anheben des Tonabnehmers wird der Tonabnehmer durch minimales vorsichtiges Verdrehen in der Headshell korrigiert. Dies Prozedur wird solange wiederholt bis das System auf dem Bezugspunkt genau mit den Hilfslinien fluchtet.
Siebter Schritt: Justieren des Überhangs und Kröpfungswinkel des inneren Nulldurchgangs
Der Tonabnehmer wird nun auf dem Bezugspunkt des inneren Nulldurchgangs abgesetzt. Die Nadelspitze muss dabei wiederum exakt auf dem Punkt aufsitzen. Dies ist von vorne und seitlich
mit der Lupe zu kontrollieren.
Wenn der Tonabnehmer exakt auf dem Punkt abgesetzt wurde werden Sie feststellen das die Tonabnehmerkanten in den meisten Fällen nicht mit den Bezugslinien fluchten. Jetzt darf der Tonabnehmer nicht verdreht werden! Der Plattenteller wird jetzt soweit verdreht bis die Kanten des Tonabnehmers in Flucht zu den Hilfslinien stehen. Der Nadelträger bleibt dabei auf der vertikalen Hilfslinie (siehe Zeichnung)
Der Offset zwischen der Ist- Postion der Nadelspitze auf der Schablone und der Soll Position wird nun durch Verschieben des Tonabnehmers in der Headshell korrigiert. Ist die Nadelspitze wie in vorgehender Zeichnung hinter dem Bezugspunkt, muss der Tonabnehmer um genau diesen Offset nach vorne verschoben werden.Ist die Nadelspitze vor dem Bezugspunkt, muss nach hinten korrigiert werden.
Jetzt wird wieder wie in Schritt sechs beschrieben der äußere Nulldurchgang justiert werden. Schritt sechs und sieben werden jetzt solange wiederholt bis die Einstellung an beiden Punkten exakt fluchtet. Dabei wird am äußeren Nulldurchgang immer nur durch Drehen die Kröpfung eingestellt und am inneren Nulldurchgang immer nur der Überhang durch verschieben nach vorne oder hinten.
Am Schluss muss folgendes Ergebnis an beiden Justage punkten zu sehen sein:
Danach sind die Schritte vier und fünf Einstellung des VTA und des Nadelazimut zu wiederholen, da durch die Justage beide Parameter verstellt wurden.
Achter Schritt: Einstellung des Auflagegewichts:
Wie in Schritt drei beschrieben wird nun die Nennauflagekraft des Tonabnehmers mit der Tonarmwaage eingestellt. Eine zu niedrig eingestellte Auflagekraft führt zu erhöhten Verzerrungen und zu einer erhöhten Plattenabnutzung.
Neunter Schritt: Einstellen der Skatingkompensation
Bei
Tonabnehmern mit dynamischer Verstellung der Skatingkompensation (Diese haben meist eine Feder eingebaut) wird die Einstellung auf den gleichen Wert wie das eingestellte Auflagegewicht vorgenommen. Das heißt beträgt das Auflagegewicht 2.5 Gramm wird die Skatingkompensation auf 2,5 eingestellt.Gleiches gilt für die Kompensation mittels Fadengewicht. Da der Skatingeffekt bei Tonabnehmern vom Nadelschliff und
Auflagegewicht abhängt muss das ganze mit einer Testplatte verifiziert werden. Die meisten Testplatten enthalten einen Track in dem die Amplitude steig ansteigt. Die Skatingkompensation ist so einzustellen das die Verzerrungen bei steigender Amplitude gleichmäßig einsetzen. Dies ist von TA zu TA unterschiedlich, Auslenkungen von 70um sollten aber ohne Verzerrungen abgetastet werden sonst sind die Dynamik-Reserven im täglichen Betrieb eingeschränkt.
Zehnter Schritt: Feinjustage des Nadelazimut
Hier werden viele Einstellmöglichkeiten propagiert, die aber alle nicht tauglich sind.Als beste und einfachste Möglichkeit verwende Ich eine Monoplatte mit Stimme und Klavier. Optimal sind alte Einspielungen von Schubert Liedern wie z.B die Winterreise. Der Azimut wird in kleinen Schritten in die eine und andere Richtung verändert.Optimal ist er eingestellt wenn Stimme und Klavier exakt fokussiert aus einem Punkt zwischen den Lautsprechern kommen. Ein "wegwandern" des Klaviers in die eine oder andere Richtung ist ein Indikator dafür, das der Azimut noch nicht optimal eingestellt ist.
Elfter Schritt: Feinjustage des VTA:
Dies macht nur Sinn bei Tonarmen die eine Veränderung des VTA im Spielbetriebs zulassen.Ist der Tonarm zu hoch wird das Klangbild dünn und körperlos ist der Tonarm zu tief wird das Klangbild sumpfig und dick. Es gibt für jede Platte eine Einstellung, in der das Klangbild förmlich einrastet.Die ist aber abhängig von der Dicke der Schallplatte und wann die Platte gefertigt wurde. Moderne Platten wurden mit einem Winkel von 20° Geschnitten vor 1970 wurde mit 15° geschnitten. Das heißt will man eine mit15° geschnittene LP mit einem auf 20° justierten TA System abtasten, muss der Tonarm eigentlich abgesenkt werden. Dies ist in der Praxis aber sehr schwierig.
Zwölfter Schritt: Feinjustage der Auflagekraft
Wie bei Azimut und VTA kann man auch mit der Auflagekraft spielen. Eine zu geringe Auflagekraft führt zu einem fahrigen, verzerrten Klangbild, ist das Auflagegewicht zu hoch ist das Klangbild undynamisch und die Feinauflöung lasst nach.
Dreizehnter Schritt: Feineinstellung der Abschlussimpedanz
Falls am Verstärker möglich kann noch mit der Abschlussimpedanz des Tonabnehmers experimentiert werden. Die Veränderungen bewegen sich im selben Bereich wie bei der Verstellung der Auflagekraft.
Ist die Abschlussimpedanz zu klein wird die Dynamik eingeschränkt, ist sie zu groß brüllen einem Chöre an
Fazit:
Wenn man sich vor Augen führt welche Parameter man verändern kann, wird einem die Komplexität bewusst. Alle Parameter beeinflussen sich zudem gegenseitig. Geht man aber sorgfältig vor wird man mit einem Klang belohnt dem nichts "digitales" nahe kommt.